Martin Müller hat wieder seine
alljährlichen Untersuchungen zum Renkenbestand vorgelegt. Hier einige Auszüge:
Große Fische sind für eine Population essentiell und die Voraussetzung für stabile und ertragreiche Bestände. Sie geben ihr Wachstumspotential an die nächsten Generationen weiter und produzieren nicht nur insgesamt, sondern auch im Verhältnis zum Körpergewicht mehr und größere Eier. Von diesen Eiern, Larven und Jungfischen überleben dann im Endeffekt auch mehr Fische als von kleineren Artgenossen.
In den letzten Jahrzehnten waren an den Gewässern Mindestmaße und Mindestmaschenweiten als gesetzliche Vorgaben üblich. Solche Vorgaben führen in jedem Fall dazu, dass schnell wachsende Fische vermehrt entnommen werden, da diese ja früher das geforderte Mindestmaß erreichen bzw. früher in die geforderte Netzmaschenweite hineinwachsen als langsam wachsende Fische. Je intensiver die Befischung ist, desto stärker wirkt ein Selektionsdruck auf großwüchsige Fische. Klein zu bleiben und möglichst schnell geschlechtsreif zu werden ist in solchen Fällen jedenfalls eine sehr gute Strategie.
In den meisten Gewässern wurden über Jahrzehnte mit bestem Gewissen die großen und damit wertvollsten Fische entnommen und die kleinen, aber nicht zwangsläufig jungen Fische, mehr oder weniger geschont. Es würde wohl kein Züchter auf die Idee kommen seine wertvollsten und besten Zuchttiere zu verkaufen bzw. zu schlachten um dann mit den Tieren, die eher unerwünschte Eigenschaften haben, weiter zu züchten. Im Grunde passierte bei der Fischerei über Jahrzehnte aber genau das. Und wenn man sich ein wenig mit Fischpopulationen beschäftigt, dann wird bald klar, dass sich kleiner werdende Populationen nicht nur auf die Reinanken beschränken.
Will man eine großwüchsige Reinankenpopulation langfristig ertragreich nutzen, dann ist es ratsam vorrangig die potentiell kleinwüchsigen Fische zu ernten, bzw. Fische aus der Mitte der Population zu entnehmen. Genauso ratsam ist es möglichst viele große Fische an der Reproduktion teilnehmen zu lassen.
Der Ansatz einen Fischbestand bewusst zu überfischen und dann durch einen Kompensationsbesatz wieder auszugleichen, ist bisher überall gescheitert. Ein durchaus vernünftiger und nachweislich erfolgreicher Ansatz ist die Entnahme von höchstens etwa 15 % der Biomasse einer Fischart pro Jahr. Das gilt allerdings nur für gesunde Populationen. Für den Millstätter See wären das etwa 10 t Reinanken pro Jahr.
Derzeit ist die Reinankenpopulation des Millstätter Sees (wieder) massiv gestört, besteht aus nur sehr wenigen Jahrgängen und das Wachstum der Fische ist äußerst bescheiden. Dies dürfte die Folge einer derzeit wieder (zu) hohen Fischdichte und einer Evolution der Population in Richtung Kleinwüchsigkeit sein. Ein Zusammenhang mit der Bewirtschaftung in den letzten Jahren ist naheliegend. Die Empfehlungen keinesfalls die wenigen noch vorhandenen potentiell großwüchsigen Reinanken zu befischen und keinesfalls Netzmaschenweiten von über 30 mm zu verwenden, wurden in den letzten Jahren zum überwiegenden Teil ignoriert. Dementsprechend lag der Befischungsdruck auf den wenigen noch großwüchsigen Fischen, wogegen kleinwüchsige Reinanken mehr oder weniger geschont wurden. Die größeren Reinanken sind nun offensichtlich weitgehend ausgefischt.
Es ist durchaus wahrscheinlich, dass, durch die derzeitige hohe Dichte an kleinwüchsigen Coregonen, die Reinankenjahrgänge in den nächsten Jahren eher bescheiden ausfallen werden. Und zwar völlig unabhängig von eventuellen Besatzfischmengen. Daher dürfte längerfristig die Gesamtfischbiomasse wieder abnehmen und die Reinanken in der Folge auch wieder etwas besser wachsen. Sollten dann wieder bevorzugt die größten Reinanken befischt werden, dann wird sich die Spirale wohl nach unten weiterbewegen und die Fische insgesamt noch kleiner werden.
Zufriedenstellende Fischerträge kann man langfristig nur erwirtschaften, wenn die Netzwerke in einem Ökosystem funktionieren, wenn die Fische optimal wachsen können und wenn den größeren unter ihnen die Möglichkeit gegeben wird sich erfolgreich zu reproduzieren.
Der Handlungsspielraum für den Millstätter See ist derzeit sehr begrenzt und es bleibt im Moment, wie schon in den letzten Jahren, nur die Empfehlung keinesfalls größere Maschenweiten als 30 mm zu verwenden und die Hoffnung, dass die Bewirtschaftung in Zukunft an die Reinankenpopulation angepasst wird.